Die wichtigsten Ergebnisse in Kürze:
- Student:innen gehören bisher zu den großen Verlierer:innen der Corona-Krise, da sowohl Stellenausschreibungen für Studentenjobs als auch für Praktika stärker zurückgegangen sind als Stellenausschreibungen insgesamt. Das lässt die Sorge aufkommen, dass Student:innen mit Pflichtpraktikum ihr Studium nicht rechtzeitig abschließen können.
- Die hohe Nachfrage seitens der Student:innen nach Studentenjobs und Praktika zeigt sich in einem untypischen Anstieg der Suchanfragen – zeitgleich mit der Lockerung der Maßnahmen zur Pandemie-Eindämmung vor den Semesterferien. Auch zu Beginn des Wintersemesters steigt die Suchintensität der Student:innen weiter an.
- In den Städten wirkt sich die Corona-Pandemie unterschiedlich auf Stellenausschreibungen für Praktika und Studentenjobs aus.
Student:innen sind aktuell stark von der Corona-Krise betroffen: Die finanzielle Absicherung durch Studi-Jobs wird schwierig und die zusätzliche Berufserfahrung über Praktika fehlt. Wo Pflichtpraktika während des Studiums gefordert sind, führt die Corona-Krise womöglich dazu, dass sich das Studium ungewollt verlängert, da das bereits geplante Praktikum nicht angetreten werden kann oder auch gar kein Praktikumsplatz gefunden wurde.
Wir nutzen Indeed-Daten, um uns das Angebot und die Nachfrage von und nach Studentenjobs und Praktika genauer anzuschauen und zu untersuchen, welche Veränderungen die Corona-Krise mit sich gebracht hat.
Wie haben sich Stellenausschreibungen entwickelt?
Die Corona-Pandemie hat enorme Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Davon bleiben auch Stellenausschreibungen für Praktika und Studentenjobs nicht verschont. Eine Auswertung von Millionen Stellenausschreibungen auf Indeed für die vergangenen drei Jahre verdeutlicht: Praktika und Studentenjobs sind wesentlich stärker betroffen als der Gesamtarbeitsmarkt.
Zum 30. September 2020 liegt die Entwicklung der Stellenausschreibungen von Praktika im Vergleich zum Vorjahr bei -31 %. Mitte Juni war der Unterschied zur Vorjahresentwicklung ganz besonders groß. Am 14. Juni 2020 lag die Entwicklung der Stellenausschreibungen für Praktika im Vergleich zum Vorjahr sogar bei -45 %.
Bei Stellenausschreibungen für Studentenjobs zeigen sich noch größere Auswirkungen der Corona-Krise. Zum 30. September 2020 liegt die Entwicklung der Stellenausschreibungen von Studentenjobs im Vergleich zum Vorjahr bei -49 %. Anfang September haben sich besonders starke Corona-Effekte gezeigt: Am 09. September 2020 lag die Entwicklung der Stellenausschreibungen für Studentenjobs im Vergleich zum Vorjahr bei -51 %.
Die Analyse verdeutlicht, dass Unternehmen zunächst dort neue Stellen streichen, wo es flexibel möglich ist. Auf diese Weise wird die Stammbelegschaft geschützt, Kündigungen werden verhindert und ggf. kann man so über Phasen der Kurzarbeit hinwegkommen. Indeed-Zahlen zur Entwicklung der Stellenausschreibungen für den deutschen Arbeitsmarkt stehen zum 30. September 2020 bei -21 % im Vergleich zum Vorjahr.
Große Unterschiede zwischen den Städten
In den Großstädten hat sich das Angebot an Stellenausschreibungen für Praktika und Studentenjobs sehr unterschiedlich entwickelt. Wir haben uns die 14 bevölkerungsreichsten Städte in Deutschland näher angeschaut.
Unter den 14 größten deutschen Städten gibt es aktuell die meisten Stellenausschreibungen für Praktika in Berlin (25 %), München (22 %) und Hamburg (11 %). Bei Stellenausschreibungen für Studentenjobs liegen erneut Berlin (24 %), München (20 %) und Hamburg (13 %) vorn. Diese Zahlen sagen allerdings noch nichts über die Betroffenheit durch die Corona-Krise aus. Hierfür haben wir uns angeschaut, wie sich Stellenausschreibungen bis zum 30. September 2020 im Vergleich zum Vorjahr entwickelt haben. Dabei zeigen sich große Unterschiede zwischen den Städten und es wird deutlich: Je nachdem, wo Student:innen gerade auf der Suche nach Praktika oder Studentenjobs sind, fällt die Suche schwerer oder leichter.
In Dortmund, Frankfurt am Main und Berlin sieht es bei den Stellenausschreibungen für Praktika aktuell besonders düster aus. In Leipzig, Köln und Dresden zeigt sich hingegen bei Praktika zwar auch ein schlechteres Bild als letztes Jahr, aber weitaus besser als im deutschen Durchschnitt. Für Studentenjobs sieht das Ranking anders aus. Zwar fällt erneut Frankfurt am Main mit einer starken Betroffenheit durch die Corona-Krise auf – die beiden weiteren Großstädte mit einem großen Rückgang sind aber Hamburg und Bremen. Nürnberg, erneut Leipzig und nochmals Köln sind die Städte, wo Stellenausschreibungen für Student:innen am schwächsten von der Corona-Krise betroffen sind.
Ein Blick auf die allgemeine Entwicklung von Stellenausschreibungen für die 14 bevölkerungsreichsten Städte zeigt: In einigen der Städte, deren Stellenmarkt allgemein weniger von der Corona-Krise betroffen ist, haben auch Student:innen aktuell bessere Chancen, ein Praktikum oder einen Studentenjob zu finden. Unsere Analysen zeigen aber auch, dass dieser Zusammenhang nicht eindeutig ist. Es gibt nämlich auch Städte, wo Stellenausschreibungen für Praktika oder Studentenjobs sehr stark unter der Corona-Krise leiden, obwohl der Arbeitsmarkt allgemein dort weniger stark betroffen ist.
Corona-Krise: „Lockdown“ wirkt sich unterschiedlich auf das Suchverhalten aus
Die Corona-Krise hat das typische Suchverhalten nach Praktika und Studi-Jobs völlig auf den Kopf gestellt. Während des sogenannten Lockdowns sind die Student:innen davon ausgegangen, dass sie nur schwer ein Praktikum finden werden, obwohl sonst typischerweise in dieser Zeit nach Praktika gesucht wird. Entsprechend ist für die Zeit ab Mai ein Aufholeffekt zu beobachten, wo intensiv – und viel ausgiebiger als sonst für diese Jahreszeit üblich – nach Praktika gesucht wurde. Der sonst typische Rückgang bei den Suchen nach Praktika in den Sommermonaten zeigt sich dieses Jahr kaum. Die Verunsicherung, womöglich kein Praktikum zu finden, zeigt sich bei den Student:innen deutlich, da in der vorlesungsfreien Zeit dieses Jahr stark nach Praktika gesucht wurde.
Studentenjobs bilden in der Regel die finanzielle Grundlage der Student:innen. Durch den Lockdown und den Wegfall von einigen typischen Studentenjobs in der Gastro- und Tourismus- sowie Hotelbranche ist der Bedarf der Student:innen seit Beginn des Lockdowns stark angestiegen. Anders als bei den Praktika, auf die während des Lockdowns vorausschauend verzichtet wurde, wurden Studentenjobs in dieser Zeit (und seitdem weiterhin kontinuierlich ansteigend) händeringend gesucht. Es scheint sich also um nahezu verzweifelte Versuche zu handeln, einen Job zur Finanzierung des Studiums zu finden. Auch mit Beginn des Wintersemesters setzt sich das intensive Suchverhalten von Student:innen nach Studentenjobs fort. Dies ist ein deutlicher Indikator für die große Verunsicherung und gleichzeitig Notwendigkeit der finanziellen Absicherung durch einen Nebenjob.
Homeoffice ist attraktiv für Student:innen
Die große Not von Student:innen, trotz Eindämmungsmaßnahmen und den entsprechenden Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt einen Studentenjob zu finden, äußert sich im stark angestiegenen Suchverhalten. Diese Not erklärt sicherlich auch, dass das Stichwort “Homeoffice” bei der Suche nach Studentenjobs so eine relevante Bedeutung aufweist. Im Beobachtungszeitraum vom 01. Oktober 2019 bis zum 30. September 2020 beinhalten 1,9 % aller Suchanfragen nach Studentenjobs den Begriff “Homeoffice“. Bei allen Suchanfragen auf Indeed sind es im gleichen Beobachtungszeitraum 0,6 % aller Anfragen.
Diese Ergebnisse zeigen, dass Student:innen nach kreativen Möglichkeiten suchen, trotz Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie einen Studentenjob zu finden.
Konkurrenz aus dem Ausland aktuell niedriger
Die Corona-Krise ist eine globale Pandemie mit globalen Auswirkungen auf die Arbeitsmärkte. Reiseeinschränkungen, Risikogebiete und allgemeine Verunsicherungen zeigen ihre Effekte auch bei der internationalen Jobsuche. Im September 2020 kamen nur 3,9 % aller Suchanfragen auf der deutschen Indeed Website aus dem Ausland. Für Studentenjobs lag ihr Anteil mit 3,8 % ähnlich niedrig. Vor der Corona-Krise lag dieser Wert im September 2019 noch bei 4,9 % für alle Suchanfragen aus dem Ausland und bei 6,5 % für Studentenjobs. Für Praktika zeigt sich ein besonders dramatischer Rückgang der internationalen Suchanfragen: Im September 2020 kamen 7,9 % aller Suchanfragen nach Praktika in Deutschland aus dem Ausland, vor der Corona-Krise lag dieser Wert bei 11,4 % (September 2019).
Damit ist die Konkurrenz aus dem Ausland bei der Suche nach Studentenjob oder Praktika zwar rückläufig – allerdings hat die Zahl der suchenden Studenten:innen insgesamt deutlich zugenommen. Somit hat sich trotz weniger Konkurrenz aus dem Ausland die Bewerbungssituation verschlechtert, da mehr inländische Konkurrenz bei der Suche dazugekommen ist. Gleichzeitig gibt es weniger Optionen.
Tipps: Wo haben Student:innen mit dem Start des neuen Wintersemesters besonders gute Chancen?
Um Student:innen bei der aktuellen Suche nach Praktika und Studentenjobs zu unterstützen, haben wir ein paar Tipps zusammengefasst.
- Über den Tellerrand schauen und flexibel bei der Wahl des Studentenjobs sein – das lohnt sich. Bei neuen Stellenausschreibungen, die erst seit 7 Tagen oder kürzer auf Indeed zu finden sind, zeigt sich ein starkes Wachstum. Student:innen sollten ihre Chance nutzen. Ein besonders auffälliges Wachstum der Stellenausschreibungen bis zum 02. Oktober 2020 seit Ende Mai 2020 (zu diesem Zeitpunkt war die Lücke zur Vorjahresentwicklung am größten) zeigt sich in den folgenden Bereichen:
- Jobs in Erziehung & Bildung: +84 %, +3 % zur Vorjahresentwicklung
- Gastro-Jobs nehmen wieder zu (74 %), liegen aber immer noch -22 % hinter der Vorjahresentwicklung
- Jobs als Fahrdienst: +74 %, wesentlich größere Verfügbarkeit als noch im letzten Jahr (+29 %)
- Jobs im Einzelhandel: +68 %, Auswirkungen der Corona-Krise sind aber weiterhin sichtbar (Stellenausschreibungen -11 % zur Vorjahresentwicklung)
- Jobs in der Lagerhaltung: +56 %, größere Verfügbarkeit als noch im letzten Jahr zum gleichen Zeitpunkt (+36 %)
- In Ballungsgebieten kann sich für mobile Student:innen der Blick über die Stadtgrenze lohnen, da die Auswirkungen der Corona-Krise auf Stellenausschreibungen für Praktika und Studentenjobs zwischen den Städten sehr unterschiedlich ausfallen. Für Studentenjobs ist die Mobilität sicherlich beschränkt. Aber gerade bei Praktika kann man hier bei mehr Flexibilität für einen anderen Praktikumsort auch kurzfristig noch gute Chancen haben.
- Nach “remote” oder “Homeoffice” Optionen suchen – egal ob für den Studentenjob oder das Praktikum.
Methodische Hinweise:
Um die aktuellen Corona-Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt zu untersuchen, vergleichen wir die Entwicklungen der Online-Stellenanzeigen auf Indeed seit Anfang Februar dieses Jahres mit den Entwicklungen des letzten Jahres im gleichen Zeitraum. Für jeden Tag wird ein gleitender Durchschnitt über 7 Tage berechnet. Dabei dient der 01. Februar als Basiswert (01. Februar = 100). Hierfür berechnen wir die prozentuale Veränderung der Stellenzuwachsrate seit dem 01. Februar im Vergleich zum gleichen Datum des Vorjahres.
Wir haben den 01. Februar als Basiswert definiert, da zu dieser Zeit das Coronavirus in Deutschland mit wenigen Ausnahmen noch nicht angekommen war. Erst in der Woche vom 24. Februar wurden zwei Fälle in Heinsberg bekannt, sodass wir die Entwicklungen vor der Corona-Pandemie mit den Entwicklungen während der Corona-Pandemie vergleichen können. Neue Stellenausschreibungen definieren wir als solche Stellen, die seit 7 Tagen oder kürzer auf Indeed auffindbar sind.
Informationen, die auf öffentlich zugänglichen Daten der Indeed Deutschland Website (und ggf. der anderer genannter Länder) basieren, sind keine Vorhersagen zukünftiger Ereignisse und umfassen sowohl bezahlte als auch unbezahlte Stellenausschreibungen.
Ich identifiziere studentische Jobsuchende über ihre Suchanfragen nach Praktika und Werkstudentenjobs. Suchen nach Studentenjobs müssen mindestens den Begriff “Student” beinhalten, womit gleichzeitig deutschsprachige als auch internationale Suchanfragen erfasst werden. Suchbegriffe, die mit “Praktik” beginnen ebenso wie internationale Anfragen über “Internship” oder “Intern” definiere ich als Suchanfragen für studentische Praktika. Um Schülerpraktika, Anerkennungspraktika, Berufsanerkennungsjahre usw. auszuschließen, filtere ich nach einer extensiven Liste von Begrifflichkeiten. Darüber hinaus schließe ich Berufe aus, in denen typischerweise eine Berufsausbildung erforderlich ist und ein Praktikum gesucht wird – wie zum Beispiel für Mediengestaltung, Sachbearbeitung oder bei der Feuerwehr.
Als Studentenjob werden Stellenausschreibungen definiert, die mindestens den Begriff “Student” im Jobtitel tragen. Jobtitel mit Begriffen, die mit “Praktik” beginnen, ebenso wie englischsprachige Jobtitel, die einen “Intern” suchen oder ein “Internship” ausschreiben, definiere ich als Stellenausschreibung für ein studentisches Praktikum. Stichworte zum Ausschließen von Stellenausschreibungen sind für Studentenjobs u. a. “Duales Studium” oder “Doctoral Student” und für Praktika u. a. “Schülerpraktikum” oder “FSJ”.
Suchanfragen bzw. Stellenausschreibungen, die sowohl Begriffe zu Praktika als auch Studentenjob beinhalten, ordne ich den Praktika zu.